Darum ist Fußball in Amerika nicht beliebt

Häufig, wenn wir über den großen Teich gen Amerika blicken, wundern wir uns, warum die USA in Sachen Sport eine solche Sonderrolle einnehmen. Konkret Fragen wir uns, warum der Fußball in den USA nicht so beliebt ist, wie er es in Europa ist – oder auch sonst in weiten Teilen der Welt. Genau dieser Frage wollen wir hier nachgehen.

Also, warum ist Fußball in den USA nicht beliebt? Hauptsächlich wird als Grund genannt, dass die Amerikaner schlichtweg nicht sonderlich erfolgreich in diesem Sport sind. Zudem ist die Sportlandschaft bereits von drei sehr populären Sportarten besetzt, nämlich American Football, Baseball und Basketball, sodass für eine weitere große Sportart keine Platz zur Verfügung stehe.

Wenn wir näher über diese Begründungen nachdenken, erscheinen sie durchaus plausibel. Ganz zufriedenstellend sind sie aber nicht. Denn irgendwie muss es ja zu der Situation gekommen sein, dass etwa American Football derart groß wurde, Fußball dagegen nicht – zumal der Fußball schon früher existierte. Nun aber erst einmal der Reihe nach. Mit diesem Beitrag wollen wir versuchen, euch noch einige weitere mögliche Erklärungen zu dieser Frage zu liefern. ? Los geht’s!

 

Warum ist Fußball in den USA nicht so beliebt?

 

 

Argument #1: In den USA ist kein Platz mehr für Fußball

Ein Argument, das man häufiger lesen kann, geht so: Weil die USA bereits über 3 nationale Haupt-Sportarten verfügen, sei kein Platz für eine weitere Haupt-Sportart. Neben Basketball, Baseball und American Football (und ggf. noch Eishockey) könne nicht noch eine weitere Sportart dieser Größe existieren. Wenn in einem Land einmal eine nationale Sportart etabliert sei, dann sei es äußerst schwierig, eine weitere, neue Sportart populär zu machen.

Dieser Gedanke hat auf jeden Fall eniges für sich. In der Tat erscheint es schwer, unter diesen Umständen einen neuen Nationalsport zu etablieren. Man stelle sich vor, dass in Deutschland, wo der Fußball klar den ersten Platz einnimmt, eine ebenbürtige Sportart etabliert werden sollte. Das ist schlicht nicht vorstellbar, weil der Fußball einfach zu populär und verbreitet ist. Noch schwieriger dürfte es dann sein, wenn in einem Land, wie den USA; gar mehrere Nationalsportarten existieren, die allesamt äußerst beliebt sind.

 

Argument #2: Die USA sind nicht sonderlich gut im Fußball

Auch dieses Argument überzeugt. Gerade in einem Land wie den USA, deren Bürger es gewohnt sind, in vielen Dingen führend zu sein, ist ein Sport vermutlich schwer vermittelbar, bei dem man aktuell (Stand: August 2020) nicht einmal zu den TOP 20 gehört. Mitte 2020 belegen die USA Platz 22 in der FIFA-Weltrangliste, noch hinter Chile oder dem Senegal. Vielen Amerikanern ist der Erfolg der USA bei Sportwettkämpfen außerordentlich wichtig (das gilt natürlich für die meisten Nationen) – eine Sportart, bei der die USA nie zum Favoritenkreis zählen, hat es somit schwer, das große Interesse der US-Bevölkerung auf sich zu ziehen.

Jüngere Entwicklungen zeigen aber, dass in den USA zunehmend große Talente heranreifen, die den amerikanischen Fußball ein gutes Stück nach vorne bringen können. Spieler wie Pulisic oder auch der erst 17-jährige Giovanni Reyna (z.B. ein Giovanni Reyna Trikot findet ihr hier) deuten bereits an, dass die Vereinigten Staaten in Zukunft wesentlich besser abschneiden könnten. Wir können also gespannt sein, wie sich der Erfolg der USA fortan entwickelt.

 

Argument #3: Das Unentschieden

Vielfach wird auch darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit von Unentscheiden dem amerikanischen Verlangen nach Siegen (oder zumindest Entscheidungen) widerspräche. Entweder Sieg oder Niederlage, zumindest also eine Entscheidung, die einen Sieger und einen Verlierer kennt. Tatsächlich enden die Hauptsportarten in den Staaten immer mit einem Sieg, notfalls geht es eben in die „Overtime“, um eine eindeutige Entscheidung herbeizuführen.

 

Argument #4: Wenig Punkte / Tore

Im Vergleich zu den aktuell größten beiden Sportarten in den USA – das dürfte neben dem American Football mittlerweile Basketball sein – fällt die geringe Anzahl an Toren im Fußball natürlich besonders auf. Für viele Fußballfans geht es natürlich häufig gar nicht unbedingt um die Tore, denn die Schönheit des Spiels besteht auch aus so viel anderen Elementen. Bei jemandem aber, der, wie viele Amerikaner, viele Tore oder Punkte gewohnt ist, kann ein Fußballspiel mit einem 1:0 oder gar 0:0 vermutlich wenig Begeisterung auslößen. Es braucht manchmal eben etwas Zeit, bis man die Schönheit erkennt. Zeit und Geduld, die viele Amerikaner wohl nicht haben – oder für den Fußball nicht aufzubringen bereit sind.

 

Argument #5: Die Schwalben, Theatralik und Verletzungsunterbrechungen

Gerade in amerikanischen Medien kann man immer wieder davon lesen (z.B. in diesem lesenswerten Artikel von Psychology Today), dass die vielen Schwalben und Verletzungsunterbrechungen im Fußball die Attraktivität des Spiels mindern. Dem wird man auch aus deutscher Sicht beipflichten können.

Gerade für jemanden, der nur gelegentlich Fußballspiele schaut, dürfte die Simulation von Verletzungen gegen Ende des Spiels, um ein paar Minunten „herauszuholen“, ziemlich nervig sein. Insbesondere ein Fan von American Football, ein Sport voller harter Tackles, wird kaum nachvollziehen können, warum sich ein Fußballspieler nach einer leichten Berührung minutenlang auf dem Rasen wälzt – sei es, um Zeit zu schinden, sei es, um die vermeintliche Härte des Fouls zu unterstreichen.

Insofern würde es in jedem Fall helfen, wenn die Uhr – wie dies in den USA etwa im Basketball üblich ist – angehalten würde.

 

Argument #6: American Football als Fortentwicklung des Fußballs

Ein interessanter Ansatz ist zudem der, wonach gewissermaßen eine Verbindung von Rugby und Fußball (bzw. Regeländerungen an diesen Sportarten) in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum heutigen US-Nationalsport Nummer 1 führte, nämlich zum American Football. Dies ging dabei zu Lasten der Sportarten Rugby und Fußball, die im American Football gewissermaßen „aufgingen“ und an eigener Relevanz erheblich einbüßten. Auf den Weg gebracht hatten die Regeländerungen am Fußball und Rugby insbesondere die amerikanischen Universitäten. Das schauen wir uns jetzt noch einmal genauer an.

Der moderne Fußball begann sich seit den 1840er Jahren in England zu entwickeln, schon 1863 wurde in London die F.A. (Football Associtation) gegründet, der erste Fußballverband weltweit. Dieser war in der Folge maßgeblich an der Ausarbeitung des Regelwerks zum modernen Fußball beteiligt. Das amerikanische Pendant dazu, die A.F.A. (American Football Association), wurde auch relativ früh gegründet, nämlich 1884 – sie konnte sich aber, genauso wie der Fußball in Amerika, nie wirklich durchsetzen. Schon seit den 1870er Jahren setzten viele Unis in den USA anstelle von Fußball vermehrt auf Rugby. Aber auch das Rugby-Spiel entwickelten die Amerikaner fort. Letztlich modifizierten die Amis die Regeln von Fußball und Rugby so, dass das daraus der heutige American Football entstand. Man kann also sagen, dass der American Football eine Symbiose aus Fußball und Rugby darstellt – und dass er zugleich der Grund dafür ist, dass diese beiden Sportarten in den USA nie wirklich Fuß fassen konnten.

Sehr lesenswert ist in diesem Zusammenhang etwa dieser Wikipedia-Artikel zum Fußball in den USA.

 

Argument #7: Kein Fußball in Abgrenzung zu England

Eine weitere Theorie besagt, dass die Amerikaner danach strebten, einen eigenen Nationalsport zu entwickeln. Insbesondere sollte es ein Sport sein, der sich von dem Nationalsport Englands, also Fußball, unterschied. Dieses Streben nach Abgrenzung zu Großbritannien hat(te) natürlich historische Gründe. Auch wenn diese Theorie durchaus plausibel klingt, so lässt sie sich nur schwer verifizieren. Da man von diesem Argument jedoch des Öfteren liest, wollten wir es hier auch aufführen; zumal es durchaus vorstellbar ist, dass die Weiterentwicklung der Regeln im Fußball (und Rugby) auch aus dem Gedanken heraus motiviert war, einen eigenen Nationalsport zu entwickeln, den es so in England nicht gab.

 

Fazit & Ausblick – steigt die Beliebtheit des Fußballs in den USA in Zukunft?

Wir ihr oben lesen konntet, gibt es einige gute Gründe dafür, dass sich der Fußball in den USA bislag nicht in großem Stile durchsetzen konnte. Die drei „Platzhirsche“ des US-Sports machen es dem Fußball außerordentlich schwer. Aber auch Gründe, die im Fußballspiel selbst liegen, behindern die Entwicklung des Fußballs zu einer dominanten US-Sportart.

Und dennoch spricht einiges dafür, dass der Fußball in Zukunft in den Staaten immer populärer wird.

Dafür spricht zum einen, dass insbesondere eine wachsende Anzahl an Bewohnern mit lateinamerikanischen Wurzeln (aber auch andere Zuwanderer) ihre Lieblingssportart – im Regelfall Fußball – in den USA verbreiten. Den Zuwachs an Popularität in den letzten 20 Jahren kann man gewiss auch damit erklären. Hinzu kommt aber auch, dass die USA in den letzten 20 Jahren bei internationalen Turnieren immer besser abschnitten und das ein oder andere Mal sogar eine KO-Runde einer WM erreichten. Es scheint also, dass die US-Männer im Fußball langsam zu den Frauen aufschließen, die dort schon seit Langem zur Weltspitze zählen. Und schließlich sorgten einige erstklassige Fußballer, die aus Europa in die Staaten wechselten, für ein wachsendes Interesse der Öffentlichkeit. Wenn Spieler wie Beckham, Pirlo, Schweinsteiger oder Ibrahimovic in der MLS kicken, dann schaut man gerne mal rein – auch wenn man sonst mit Fußball wenig anfangen kann.

Es sieht also danach aus, dass Fußball in Zukunft in den USA immer beliebter wird. Vielleicht beschleunigt sich diese Entwicklung, wenn man sich ein wenig mit den Ursachen für die fehlende Popularität beschäftigt. Dazu bietet dieser Artikel womöglich einen guten Anlass.

 

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